shopgirl. immer wieder unfaßbar, wie anstrengend langeweile ist.

ich verstehe weder die marken noch die größen. ich höre mir umtauschmantras an und verweise auf die nächste woche. ich entschuldige mich nicht für die preise. ich kürze keine hosen. ich verstehe nicht, warum fast alle jeans mit kunstvollen und trotzdem immer künstlich ausehenden zerstörungsspuren hergestellt werden. ich überlege erfolglos, was eine jeans mit der spezifikation "new sex cut" mir verspricht.

mittags bringt oma ein töpfchen bohnensuppe mit kaninchenbratenresten vom sonntag, das ich im schneidersitz hinter der ladentheke esse. der laden ist zu kalt, das dach hat ein leck und es tropft auf den karton mit der unterwäsche. sogar der kaffee aus der schweizer maschine ist zu kalt, ich wärme ihn mit heißem dampf auf.

die gemüsefrau vom markt kommt ihr handy aufladen und danach riecht es eine weile nach schulgarten. die vermutlich winzigste frau der welt verschmiert die anprobierten t-shirts mit make-up. die frau, die ich noch nie leiden konnte, will mir ein gespräch über meine lange studiendauer aufdrängen. ein altes ehepaar setzt ein gespräch über teppichband fort, das es gestern im laden nebenan begonnen hat.

Die längste Woche des Jahres beginnt heute.

Hypochondrie light: mit Arzt-Onkel telefoniert, um Erlaubnis zu bekommen, Ohrenschmerzen zu ignorieren. Zum Medikamentenkauf und Arztbesuch aufgefordert und mehrmals gefragt worden, ob denn auch Fieber, Halsschmerzen und Schnupfen vorhanden seien. Mit großer Sicherheit verneint, aber seitdem doch das Gefühl, die Stirn sei wärmer als sonst, beim Schlucken ist auffällig deutlich der Hals zu spüren und ein Taschentuch hab ich auch schon fast verbraucht heute.

Ich habe jetzt ein Stammcafe. Schamlose Starbuckskopie, ebenso überteuert, spießige Musik (jazzig oder südamerikanisch, gerne auch in Kombination) und spießige Amateurakte an den Wänden, WLAN, das nur manchmal funktioniert und dann auch nur mit dem IE. Keine Ahnung warum, aber ich verbringe hier mehr Zeit als in der Unibibliothek.

Gerade hat mich jemand nach einer halben Stunde erfolgloser Frickelei an seinem Computer gefragt, ob ich online sei und wie das hier funktioniere. Ich hab es ihm erklärt und er hat mir mit einem überlegenen kleinen Lächeln zurückerklärt, daß das falsch sei.

Irgendwann muß ich wieder lernen, tagsüber zu arbeiten. Und deadlines einzuhalten. (Obwohl man nicht wirklich stirbt, wenn man sie verpasst. Das hätte ich nie lernen sollen.) Und trotzdem nachts zu schlafen.

Der Verdacht, daß Ohrenschmerzen auf Wattestäbchenmißbrauch und zu laute Kopfhörer zurückzuführen sind und man also selber schuld daran ist, sollte einen nicht vom Aufsuchen eines Ohrenarztes abhalten. Ganz besonders dann nicht, wenn man schon seit seiner Kindheit fürchtet, sehr früh im Leben schwerhörig zu werden und deshalb vorsorglich den Markt der Hörgeräte beobachtet und immer noch kein akzeptables Modell gefunden hat.